Naturnahe Gehege für ausgewachsene Schildkröten

Wichtige Information vorab: Die hier folgenden Informationen und Fotos richten sich in erster Linie an Gehege für ausgewachsene Europäische Landschildkröten!

Gehege für Schlüpflinge und/oder Jungtiere sind zwar vom Prinzip identisch, jedoch größenmäßig vollkommen verschieden! Daher habe ich eine eigene Seite in meine Homepage integriertert, die sich speziell mit Freigehegen für Schlüpflinge/Jungtiere befasst!

Bei der Haltung von Schildkröten ist es sehr wichtig, sich die ursprünglichen Vorkommensgebiete der Tiere bewusst zu machen. Gerade beim Gehegebau sollten wir für unsere in Gefangenschaft lebenden Tiere das Vorbild der Natur so weit wie möglich nachahmen. 
Sie werden feststellen, dass die naturnahe Haltung von Europäischen Landschildkröten anfangs mit relativ viel Arbeit und Kosten verbunden ist – doch nur solch eine Haltungsart kann es rechtfertigen, Tiere zu halten, die vom Klima und von ihrem heimatlichen Lebensraum her betrachtet eigentlich nicht zu uns gehören. Gesunde Tiere und viel Freude beim Betrachten der Schildkröten in ihren naturnah eingerichteten Freigehegen sind jedoch ein sehr lohnendes Ziel!

Ein Terrarium eignet sich meiner Meinung nach nicht für die Unterbringung von Europäischen Landschildkröten.
Daher zählt für mich die Haltung im Terrarium, auf dem Fußboden oder die Haltung auf einer ausschließlich kurz gemähten Wiese auf keinen Fall zu einer artgerechten Haltung. Deswegen möchte ich Ihnen im folgenden einige Ideen anhand meiner Gehegefotos zeigen, die für eine – aus meiner Sicht – naturnahe Haltung stehen. 

In meinem Garten leben pro Gehege nur eine Gruppe der gleichen Art bzw. Unterart zusammen. Pro Männchen sollten zwei oder besser drei Weibchen in einem Gehege zusammen leben. Eine – auch nur kurzfristige – Trennung der Geschlechter ist bei meinen Tieren nicht notwenig, da sie genügend Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke haben. Zwar beißen sich die Tiere auch einmal während der Paarungsrituale, sie verletzen sich jedoch nicht ernsthaft. Neben Anzahl und Geschlecht achte ich auch auf die Panzergröße bzw. das Alter der Tiere, um eine homogene Gruppe zu erhalten. Jungtiere und Schlüpflinge sollten keinesfalls mit adulten Tiere gemeinsam gehalten werden, sondern in einem kleineren und besonders geschützten Gehege.

Futterversorgung im Gehege

Meine Gehegeanlagen sind gezielt auf eine reine Selbstversorgung ausgerichtet, d. h., die Tiere leben dort sehr eigenständig: Meine Schildkröten wählen sich unter einem reichhaltigen Angebot an Pflanzen, mit denen ich das Gehege zuvor ausgestattet habe, ihr Futter selbst. So kann ich mir sicher sein, dass die Tiere abwechslungsreich ernährt werden, ohne dass ich als Halter dieses Fressverhalten negativ beeinflusse – zu Letzterem mehr im nächsten Kapitel. Ich vertrete konsequent das Konzept der Selbstversorgung. Deswegen ist es besonders wichtig, dass die Gehegeflächen groß genug sind. Nur so kann stets für nachwachsende Futterpflanzen in genügender Vielfalt und Menge gesorgt werden.

Gehege-Größe

Um die notwendige Futterversorgung in einem Gehege für beispielsweise vier ausgewachsene Griechische Landschildkröten sicherzustellen, rate ich zu einer Gehegegröße von 15-20 m² pro Tier. Denken sie aber daran, dass jede Schildkröte mindestens einen Artgenossen in ihrer Nähe braucht. Die hier vorgeschlagene Größe der Gehegefläche mag zwar zunächst übertrieben wirken. Führt man sich allerdings vor Augen, dass eine naturnahe Haltung nur bei einem mehr als eben nur ausreichenden Platzangebot möglich ist, sollte man das Gehege so groß anlegen, wie es die Umstände erlauben. Um meinen Tieren so viel Platz wie möglich anzubieten, habe ich meine eigenen Gehege z. B. auf 90 m² erweitert.

Gehege-Standort

Der genaue Standort ist von mehreren Faktorn abhängig. Wählen Sie am besten den Bereich des Gartens aus, der bereits früh morgens besonnt wird. Je früher die Tiere Aktivität aufnehmen, d. h. ihren Stoffwechsel aktivieren, desto natürlicher leben sie Nehmen Sie sich doch einmal die Zeit, den genauen Sonnenverlauf im Gehege bzw. im geplanten Garten genauer zu betrachten. Beachten Sie auch saisonale Änderungen, wie z. B. den Sonnenstand oder auch das Vorhandensein von Laub an den Sträuchern etc.

Bedingungen naturnaher Freilandhaltung

Für meine Europäischen Landschildkröten habe ich Gehege gebaut, die folgende Lebensbedingungen schaffen.

- Frühbeete oder Gewächshäuser, mit Schutzhaus, mit Wärmelampen und Heizmöglichkeiten,

- vielfältige Futterpflanzen, ungiftige schattenspendende und schutzbietende Pflanzen,
- Strukturierung durch große Steine, Steinplatten, Wurzelholz, Holzstämme, niedrige Trockensteinmauern im Gehege etc.,
- Wasser- und Badeschalen im Schutzhaus und im Außenbereich,
- abwechselnd steiniger, sandiger und erdiger Untergrund,
- Versteckmöglichkeiten (Pflanzen, Laub, hohlräumige Wurzeln, Höhlen etc.), 
- Eiablagemöglichkeit (an einem sonnigen Platz über einer Vertiefung von ca. 25 cm locker aufgeschüttete Erde auf einer Fläche von ca. 1 m² und einer Höhe von wenigen cm),
- Wege mit geschotterten Kalksteinen, auf denen der Halter sicher durch das Gehege laufen kann,
- stabile, ausbruchsichere und blickdichte Einfriedung.

Man sollte mindestens ein Frühbeet oder ein Gewächshaus für seine Europäischen Landschildkröten bereitstellen. Tagsüber müssen die Tiere die Möglichkeit haben, eigenständig das Frühbeet bzw. Gewächshaus durch eine eingebaute Tür zu verlassen und sich im Gehege auszuhalten. Nachts wird  dieser Raum mit den schlafenden Tieren sicher verschlossen, um sie vor Fressfeinden (z. B. Marder oder Ratten) zu schützen.
In den Frühbeeten bzw. Gewächshäusern habe ich jeweils eine Wärmequelle (z. B. Reflektorlamepe etc.) durch einen Elektriker installiert, damit die Wärmelampen tagsüber von 9 bis 16 Uhr angeschaltet werden, wenn die Außentemperaturen unter 20 °C betragen. Ist es wärmer, benötigen die Tiere im Schutzhaus keine zusätzlichen Lampen.
Im Lichtkegel unter der Lampe wird eine Temperatur von ca. 35 bis 40 °C erreicht, damit die Tiere ihre benötigte Stoffwechseltemperatur erreichen können. Unter der Lampe sollte jedoch ein etwas abgeflachter Stein liegen, damit auch auf den Rücken gefallene Tiere sich sofort unter dieser Wärmequelle wegdrehen können. Einige Halter haben mich nämlich leider über Vorfälle informiert, bei denen auf den Rücken gefallene Tiere unter der heißen Wärmelampe vertrocknet sind.

Für die Selbstversorgung der Tiere sollten unbedingt möglichst viele unterschiedliche Futterpflanzen angepflanzt werden. Bitte schauen Sie hierzu auf die Seite "Ernährung". Dort sind sehr viele geeignete Pflanzen aufgeführt.

Teils steiniger Untergrund (Kalksteine Ø 1 – 16 mm) sorgt für die natürliche Abnutzung der Krallen. Staunässe kann durch das Abfließen von Regenwasser verhindert werden. Die Steine wärmen sich in der Sonne schnell auf und bieten einen behaglichen Ruheplatz. Zudem sorgen diese Wege für ein sicheres Betreten durch den Halter. Außerdem wächst auf oder zwischen den Steinen Gras sehr schlecht, welches nicht als Nahrung für die Tiere zählt. Dafür wachsen z. B. Wildkräuter auf und zwischen diesen Steinen umso besser.

Neben diesen eher steinigen Bereichen sind auch Areale im Gehege vorhanden, die eher erdig und/oder sandig sind. Eine Kombination daraus ist sehr wichtig. Denn "nur" Erde, "nur" Sand, "nur" Gras oder "nur" Steine sind einzeln betrachtet nicht von Vorteil. Eine Mischung ist hier anzustreben.

Im Gehege sollte mindestens eine geeignete Legestelle vorhanden sein, die von der Sonne bereits früh morgens beschienen wird. Dieser wird mit lockerer Erde aufgefüllt. Vorab entferne ich größere Steine, Wurzeln etc. sorgfältig, damit die Tiere dort ungehindert graben können.

Die ständige Verfügbarkeit von sauberem Wasser ist für alle Landschildkröten sehr wichtig. Damit die Schale leicht erreichbar ist, sollte sie flach und ohne hohen Rand sein. Ggf. kann der Zugang mit flachen Steinen ermöglicht werden. Das Wasser muss täglich ggf. mehrfach gewechselt werden.

Bei den Gehegebegrenzungen achte ich sehr sorgfältig darauf, dass die Tiere diese nicht überklettern, untergraben oder durchstoßen. Es ist sehr wichtig, von Anfang an eine stabile und beständige Umrandung zu schaffen.
Bei sogenannten Pflanzringen muss man darauf achten, dass die Tiere diese grobe Struktur nicht überklettern können! Besser geeignet sind glatte Randsteine aus Beton, die einfach vermauert werden können. Auch die Begrenzung von Holzpanelen, Klinkersteinen, Steinmauern etc. ist möglich, wenn die Tiere darin absolut sicher sind. Achte Sie daher auch darauf, dass zwei übereinander kletternde Tiere diese Umrandung nicht überklettern können! 

Hinweis zu Beton-Pflanzringe:.Die teils grobe Struktur dieser Gehegeumrandung bietet Tieren die Chance diese zu überklettern! Achten Sie deswegen bei dieser Möglichkeit der Gehegebegrenzung auf genügend Höhe (ca. doppelte Panzerlänge). Die Kalksteine am Boden verhindern ein Zuwuchern durch Pflanzen, so dass die Tiere diese nicht als Ausbruchhilfe nutzen können. Zudem ist es von Vorteil, wenn oben auf den Pflanzringen ein Brett o.ä. angebracht wird. Dies verhindert ein Überklettern.

Hinweise zum Bau eines Schildkröten-Geheges

Im Folgenden finden Sie eine Anleitung zum Bau eines Freigeheges mit integriertem Frühbeet. Weitere Tipps und Informationen werden folgen.

Suchen Sie die Fläche des gesamten Geheges aus (möglichst sonniger Platz, viel Morgensonne).Entfernen Sie vorhandenen Rasen im Gehege komplett. Stellen Sie das Frühbeet oder Gewächshaus auf. Denken Sie an die notwenigen Erdkabel bzw. Leerrohr! Gestalten Sie eine naturnahe Struktur des Geheges durch Hügel, große Steine und Erdwälle. Legen Sie eine ausbruchsichere Einfriedung des Geheges an. Bringen Sie Futterpflanzen und Gehegepflanzen ein (durch Einsetzen und/oder Aussähen). Nutzen Sie unbepflanzte Stellen des Geheges als Wege und schottern Sie diese mit Kalksteinen auf. Setzen Sie Wasserschalen ins Gehege. Überführen Sie Ihre Tiere erst dann ins Gehege, wenn Sie alle Arbeiten (Frühbeetbau, Montage der Elektronik, sichere Umrandung, Bepflanzung) erledigt haben.

Hinweise zum Bau eines Frühbeets bzw. Gewächshauses

Wie Sie aus der vorangegangenen Darstellung ersehen konnten, ist die Schildkrötenhaltung, wenn wir an unseren Tieren Freude haben wollen, mit einem gewissen Aufwand verbunden. Insbesondere bedarf es beim Bau des Frühbeets oder Gewächshauses der Sorgfalt und durchaus auch handwerklichen Geschicks. Bitte ziehen Sie im Zweifel einen Fachmann zu Rate. Besonders bei der Elektroinstallation ist es wichtig, einen Fachmann (Elektriker) für die Aufgaben einzuplanen (Denn: Strom kann lebensbedrohlich sein und daher ist nur ein Elektriker befugt, solche Installationen vorzunehmen!). Sie können Frühbeete und Gewächshäuser auch fertig kaufen.
Nachfolgend sehen Sie, ähnlich wie oben zum Gehegebau, wichtige Tipps zur Errichtung eines Frühbeets bzw. Gewächshauses:

Suchen Sie die Fläche des gesamten Geheges aus und legen Sie den Platz für das Schutzhaus fest. Heben Sie je nach Größe des Frühbeets eine Fläche von 1 – 2 m² in einer Tiefe von ca. 20 cm aus. Auf diese Grundfläche legen Sie engmaschigen Draht oder Steinplatten. Das soll Ihre Tiere vor Feinden (Mäusen, Ratten etc.) schützen. Legen Sie die Stromzufuhr (Erdkabel) für die Wärmeversorgung. Setzen Sie so genannte Rasenstellkanten, also Randsteine aus Beton mit gerader Oberfläche, als Fundament für das noch aufzustellende Schutzhaus. Isolieren Sie die Randsteine mit Dämmmaterial. Verlegen Sie an den Außenseiten Drainagerohre. Füllen Sie das Ganze mit lockerer Erde auf. Stellen Sie jetzt das Frühbeet bzw. Gewächshaus auf. Lassen Sie die Technik (Lampen, Heizung) nur durch einen Fachmann installieren. Montieren Sie Fensterheber, damit eine Überhitzung des Frühbeets verhindert wird Durch Sonneneinstrahlung können nämlich im geschlossenen Frühbeet Temperaturen von weit über 60 °C erreicht werden. Nach einem erfolgreichen Testlauf (Technik) können Sie die Tiere in das neue Gehege setzen!

Verschiedene Bereiche und "Zonen"

Im Frühbeet bzw. Gewächshaus richte ich folgende Bereiche und „Zonen“ ein:
ungedüngte Gartenerde, Steine als Kletter- und Versteckmöglichkeiten, Bereich mit angefeuchtetem Sphagnum-Moos oder Laub, Trinkschale, Wärmelampe, Schaffung einer leichten Erhöhung unter der Wärmelampe (Erdreich oder Steine), damit auf den Rücken gefallene Tiere sich stets von der Wärmequelle wegdrehen können, nur für kleinere Tiere in die Erde eingesetzte Futterpflanzen – größere Schildkröten fressen den Pflanzenbewuchs im Vergleich zum Freigehege sehr kleinen Fläche schnell komplett auf, Durchgang ins Freigehege, der tagsüber geöffnet und nachts sicher verschlossen werden kann.

Schlafbereich: kühl, leicht feucht, dunkel

Wärmebereich: sehr warmer ‘Platz an der Sonne’ unter der Wärmelampe

Umgebungsbedingungen: tagsüber feucht-warme Umgebung, die sich durch wasserspeichernde Futterpflanzen in feuchter Erde bei gleichzeitiger Wärmeeinstrahlung schaffen lässt.