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Optimales Futter für Europäische Landschildkröten

Naturnahe "Fütterung" durch das Tier selbst!

Nur so können die Tiere ihr gewünschtes Futter eigenständig aufnehmen.

Die Ernährung von Landschildkröten hat großen Einfluss auf den Gesundheitszustand der Tiere und ist daher für meine Schildkrötenhaltung von großer Bedeutung. Gerade bei der Ernährung von Schildkröten können sehr viele Fehler gemacht werden, wie sich z. B. beim so genannten Papageienschnabel zeigt. Auch ein zu schnelles Panzerwachstum ist häufig auf ein ungeeignetes Futter oder übertriebene Fütterung durch den Halter zurückzuführen. Auf der folgenden Seite möchte ich Ihnen in Form einiger Aufzählungen und Abbildungen von Futterpflanzen wichtige und interessante Informationen zu einer so weit als irgend möglich naturnahen Ernährung geben.

Warum ist Obst, Salat & Co. schädlich?

Lassen Sie mich zuerst auf eine leider sehr weit verbreitete Fehlinformation hinweisen:
Obst, kultivierter Salat und Gemüse ist für eine artgerechte Ernährung von Europäischen Landschildkröten nicht geeignet. Ich möchte dies nur kurz mit der „Natur als Vorbild“ erklären: Landschildkröten finden in ihrem natürlichen Lebensraum (Habitat) keinen Kopfsalat und auch keine Tomaten oder Nudeln, Hackfleisch oder sogar gekochte Kartoffeln vor. In meinen Ausflügen in die Habitate konnte ich nicht feststellen, dass die dortigen Landschildkröten dieses „Futter“ vorfinden. Der Darm der Tiere kann dieses zu weiche Futter nicht richtig verwerten. Dabei wird zudem die Darmflora gestört. Selbst die nur wöchentliche Fütterung mit Obst, Salat und Gemüse macht dies keinesfalls besser! Daher bitte ich Sie, Ihre Tiere nur mit solchen ungiftigen Pflanzen zu füttern, die auch in der Natur gefressen werden. Denn es beunruhigt mich sehr, wenn ich Tiere sehe, die fütterungsbedingt sehr krank geworden sind und teilweise nur wenige Jahre alt wurden.
Sehr problematisch ist zudem die Tatsache, dass Landschildkröten in Gefangenschaft nicht unbedingt die für sie ungesunde Nahrung erkennen. So werden Tomaten, Salat und Gemüse von den Tieren durchaus mit Genuss gefressen, sind aber leider dennoch schädlich! Also müssen wir uns als verantwortungsbewusste Halter Gedanken über die optimale Ernährung machen und die Tiere artgerecht füttern.

Abwechslungsreiche Ernährung

Futter in "greifbarer" Nähe!

Bei der Futtersuche wird es den Tieren nicht langeweilig.

Die Ernährung unserer Tiere sollte vor allem eines sein, nämlich abwechslungsreich. Nur so sind zusätzliche Vitamingaben in Form von Pulver oder Tropfen überflüssig, die durch den Halter in falscher Dosierung verabreicht sogar schädlich sein können.

In ihrem natürlichen Habitat fressen Schildkröten je nach Bedarf. Dieses natürliche Verhalten sollte der Halter kennen und beachten. Die beste Möglichkeit, die Tiere mit Futter zu versorgen, ist, sie in einem mit reichhaltigem Angebot an Futterpflanzen strukturierten Gehege, Art und Menge ihres Futters selbst wählen zu lassen. Dann ist nicht nur die Futtermenge optimal, sondern auch Zusammensetzung und Anteil der unterschiedlichen Kräuter. Schildkröten fressen nicht auf einmal komplette Pflanzen, sondern nehmen über den ganzen Tag verteilt nur kleine Teile davon auf.

Um eine möglichst natürliche Ernährung sicherzustellen, empfehle ich, spezielle Saatmischungen, z. B. Wildkräuter, für Futterpflanzen im Frühjahr und Herbst auszubringen. Wenn Sie größere oder viele Tieren halten, und besonders bei einer Gehege-Neugestaltung, ist es zudem notwendig, stets in Saatschalen vorzusäen. Setzen Sie nur größere Pflanzen ins Gehege um, da Keimlinge besonders gern gefressen werden und deswegen bald nicht mehr genug Futter im Gehege vorhanden sein könnte.


Die einzige Futterzugabe außer Kräuterheu, die ich meinen Tieren anbiete, ist Kalk in Form von Sepiaschale, erhältlich im Tierbedarfshandel. Hieran können die Tiere selbstständig ihren Kalzium- und Mineralbedarf decken und zudem die Hornscheiden natürlich abnutzen.

Futterangebot in Habitat und Gehege

Da bei uns im Sommer anhaltende Trockenperioden wie in Griechenland ausbleiben, vertrocknen unsere Futterpflanzen im Vergleich zu ihrem natürlichen Habitat nicht vollständig. Dadurch bleiben sie für eine gesunde Ernährung von Schildkröten viel zu gehaltvoll. Um diesem Nahrungsüberangebot abzuhelfen, schneide ich ausgewachsene Futterpflanzen ab und trockne sie. Beachten Sie bitte: Die Verfügbarkeit von getrocknetem Futter ist wichtig, weil faserige Kost die Verdauung gut unterstützt. Dieses Heu, welches als Futter sehr gerne angenommen wird, bietet zudem im Frühbeet als Versteck- oder Schlafmöglichkeit zusätzlichen Schutz und eignet sich als Ruheplatz. Bitte kontrollieren Sie das Heu aber stets auf etwaige Schimmelbildung, die durch das notwendige Befeuchten des Substrats im Frühbeet auftreten kann.

Futterpausen

Vergleicht man Futterpflanzen im natürlichen Habitat mit dem Angebot im heimischen Garten, gibt es einen wichtigen Unterschied: In unseren Regionen gedeihen Pflanzen, die als Schildkrötenfutter in Frage kommen, sehr viel schneller, weil sie anders als etwa in Griechenland (noch) keinen wirklich lange anhaltende Trockenperioden ausgesetzt sind. Das wiederum bedeutet: Der Nährwert liegt bei Futterpflanzen in unserem Geheges deutlich über dem der Pflanzen im natürlichen Habitat. Daher kann auch bei einer ausschließlichen Ernährung mit Wildkräutern eine Überfütterung in Gefangenschaft eintreten. Die häufigen Folgen sind zu schnelles Panzerwachstum und Organschäden. Dies tritt vor allem bei einer Fütterung im Terrarium auf. Deswegen schlage ich in der Woche einen ‘Fastentag’ vor. Dies bedeutet, dass bei einer reduzierten oder ganz ausbleibenden Frischfutterversorgung gleichzeitig auch die Zuführung von Wärme durch Strahlerlampen herabgesetzt werden muss. Denn es macht wenig Sinn, den Tieren bei kräftiger ‘Besonnung’ durch Wärmelampen plötzlich kein Futter mehr anzubieten. Dies wäre für die Tiere ein ‘Hungertag’. Vertrocknete Kräuter und vor allem Wasser müssen auch während solcher Tage auf jeden Fall angeboten werden. In meiner Praxis hat es sich bewährt, nach einer Schönwetterzeit an einem kühleren Tag die Wärmelampen in den Schutzhäusern einmal ausgeschaltet zu lassen.

Geeignete Futterpflanzen

Damit Sie Ihren Europäischen Landschildkröten eine abwechslungsreiche Ernährung anbieten können, möchte ich Ihnen auf dieser Seite ausgewählte Futter- und aufführen. Generell gilt: Eine naturnahe Ernährung von Schildkröten kann nie durch nur einige wenige Arten von Futterpflanzen gewährleistet werden. Daher empfehle ich eine Gehegegestaltung mit vielen verschiedenen Pflanzenarten, um den Tieren eine möglichst große Auswahl zu ermöglichen. Bitte beachten Sie, dass alle Futterpflanzen ungedüngt oder nicht chemisch behandelt wurden.

Löwenzahn

Wegerich

Brennnessel

Taglilie

Vogelmiere

Ringelblume

Storchenschnabel

Roseneibisch

Nachtkerze

Walderdbeere

Pimpinelle

Funkie

Frauenmantel

UNGEEIGNETE Pflanzen

Es gibt nur wenige und ungenaue Informationen darüber, warum einige Europäische Landschildkröten den Verzehr von giftigen Pflanzen offenbar unbeschadet überstehen und andere (auch der gleichen Art) nicht. Dennoch lässt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass einige bekannte und beliebte Gartenpflanzen sich weder als Futter noch im Gehege eignen.

Vor folgenden Pflanzen rate ich aus unterschiedlichen Gründen ab:

- Hahnenfuß (Ranunculus spp.): Durch die Verwechselungsmöglichkeit mit dem giftigen Scharfen Hahnenfuß rate ich von der Fütterung mit dem eigentlich ungiftigen Kriechenden Hahnenfuß ab.

- Maiglöckchen (Convallaria majalis)

- Engelstrompete (Brugmansia spp.): Dies ist eine hochgiftige Pflanze, gefährlich für Mensch und Tier.

- Efeu (Hedera helix)

- Buchsbaum (Buxus spp.)

- Eibe (Taxus spp.): Unter Schildkrötenhaltern wird die Eibe als die giftigste Pflanze angesehen. Noch im Umkreis von bis zu zwei Metern können an und für sich geeignete Futterpflanzen, z. B. durch herabgefallene und sich zersetzende Früchte und Blätter, kontaminiert sein. Ich rate daher, alle Pflanzenteile der Eibe gründlichst aus dem Gehege bzw. aus der Nähe von Gehegen zu entfernen.

Fotos und weitere Informationen

Alle Fotos stammen von: (c) Thorsten Geier. Eine Verwendung der Texte und Bilder ist ohne eine vorherige Absprache unzulässig.

Weitere Informationen zur naturnahen Ernährung mit vielen weiteren Fotos zu verschiedenen geeigneten und nicht geeigneten Futterpflanzen und Gehegepflanzen finden Sie beispielsweise in meinem Schildkrötenbuch "Fester Panzer - weiches Herz".

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